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Der Pate: Das Spiel                                      

PC-Review von Bastian Stein (27.03.2006)

Filmumsetzungen sind zwar absolut keine Seltenheit, doch in der Regel hinterlassen die polygonalen Leinwandhelden leider einen sehr faden Nachgeschmack. Wenn sich aber ein Softwaregigant wie Electronic Arts auf die Umsetzung von Coppolas über dreißig Jahre alten Kultklassiker "Der Pate" einlässt, dann stehen die Chancen für einen Erfolg schon mal nicht schlecht. Ist "Der Pate: Das Spiel" nun wirklich ein spielerisches Angebot geworden, dass man als Fan des legendären Mafiaepos auf keinen Fall ablehnen sollte?


Ein Spiel zu einem Kultfilm wie "Der Pate" zu machen ist sicherlich keine leichte Aufgabe, zumal die Erwartungen der Käufer einfach enorm hoch sind. Nicht ohne Grund verteidigt "Der Pate" seit langem in der Internet Filmdatenbank "IMDB" die Spitzenposition bei den besten Filmen aller Zeiten. Die dramatische Geschichte rund um Don Vito Corleone und seinen Sohn Michael ist mindestens so komplex wie spannend und bietet sicherlich enorm viele Möglichkeiten in spielbare Form gebracht zu werden. Die Entwickler haben sich allerdings gegen ein simples Nachspielen der Filmszenen in der Haut des Don oder eines anderen Familienmitgliedes entschieden, sondern lassen euch ein mehr oder weniger eigenständiges Abenteuer im Umfeld der Corleones erleben. Der Held des Spiels taucht also nicht in den Vorlagen auf, mischt aber meist aus einem anderen Blickwinkel bei den wichtigen Ereignissen der Geschichte tatkräftig mit. Natürlich trefft ihr dabei auf die wichtigsten Mitglieder des Mafia-Clans: Während sich Don Vito und Michael Corleone die meiste Zeit dezent im Hintergrund halten, trefft ihr in den Straßen von New York des Öfteren auf Santino "Sonny" Corleone, den Familienanwalt Tom Hagen und den Mann fürs Grobe, Luca Brasi. Der Bilderbuch-Mafioso ist zu Beginn des Spiels euer wichtigster Auftraggeber und führt euch langsam in die wohl behüteten Geheimnisse der Familie ein. Dieser Hintergrund gibt euch die einmalige Gelegenheit im turbulenten New York zwischen 1945 und 1955 selbst zum Mafiaboss zu werden, allerdings haben die Entwickler sehr vorbildlich auf die Nähe zum Kultstreifen und Mario Puzos Romanvorlage geachtet und wichtige Ereignisse der Filmhandlung auch in das Spiel integriert.

Willkommen in der Familie!


Wenn man "Der Pate: Das Spiel" zum ersten Mal startet, muss man sich zunächst einen eigenen Spielcharakter erstellen. Dies geschieht mit der aus den EA Sports-Titeln bekannten "Game Face"-Technologie, allerdings nennt sich der virtuelle Gesichtschirurg hier passenderweise "Mob Face". Neben Einzelheiten wie Hautfarbe, Gesichtsbehaarung und Nasengröße darf auch aus einer Vielzahl verschiedener Outfits gewählt werden. Wer im Spielverlauf genügend Kleingeld mit den nicht immer ganz sauberen Geschäften kassiert, darf später sogar aus richtig teuren und stilechten Mafia-Klamotten wählen. Der aufstrebende, aber zu Beginn noch unbedeutende Gangster-Aspirant definiert sich aber nicht nur durch sein Aussehen, sondern auch durch sein Ansehen in der Nachbarschaft. Diese im Mittelpunkt stehende Reputation erhöht ihr durch fleißiges Erledigen verschiedenster Auftrage: Von der klassischen Schutzgelderpressung bis hin zur feindlichen Übernahme eines illegalen Spielkasinos ist alles dabei, was sich das sizilianische Corleone-Herz nur wünschen kann. Wer somit fleißig Respekt sammelt, steigt nach und nach nicht nur im Rang bei den Corleones, sondern auch in der Respektstufe auf und darf die Fähigkeiten seines Charakters nach Rollenspiel-Vorbild verbessern. Eine Aufwertung der Gesundheitswerte ist dabei nie eine schlechte Idee, aber auch das Zielen mit Waffen oder die Fähigkeiten im Faustkampf können schrittweise erhöht werden. Im Spielverlauf steigt euer Kontostand durch das Erledigen von Missionen und die wöchentlichen Schutzgeldeinnahmen sehr rasant an, was wiederum für den Kauf neuer Waffen bitter nötig ist. Einige der gut versteckten Schwarzhändler bieten sogar sehr ausgefallene Sonderanfertigungen an, welche zwar nicht ganz billig, dafür aber umso tödlicher ausgefallen sind.

Prominente Vorbilder als Paten


Sobald der ganz persönliche Mafioso per "Mob Face" kreiert wurde, findet man sich im Herzen des New Yorker Stadtviertels "Little Italy" wieder, wo bereits Luca Brasi mit dem ersten Auftrag wartet. In diesem Moment werden viele Spieler ein wichtiges "Aha-Erlebnis" haben: Anhand der Perspektive, der Umgebung und des Spielablaufs erkennt man schnell, dass sich "Der Pate: Das Spiel" sehr stark an Rockstars kultiger GTA-Serie orientiert und diese Tatsache auch überhaupt nicht verheimlichen will. Erfahrene Spieler erinnern sich zudem an ein weiteres Spiel, welches das actionlastige GTA-Gameplay mit dem Flair sizilianischer Familienbetriebe erfolgreich verbunden hat: Das treffend betitelte "Mafia", welches vor drei Jahren von Illusion Software entwickelt wurde und auf dem PC sogar als großer Erfolg galt. Man braucht schon eine gehörige Portion Mut, sich mit derartigen Gameplay-Kalibern anzulegen, jedoch hat EAs Produktion den einzig wahren Don Vito Corleone als Ass im Ärmel, was gerade bei den Fans der Buch- und Filmvorlage das wichtigste Kaufargument überhaupt sein dürfte.


Wie es sich für ein Spiel im GTA-Stil nun mal gehört, findet das Ganze in einer riesigen, lebendigen und aufwendig inszenierten Spielumgebung statt, in diesem Fall natürlich New York mit all seinen legendären Stadtvierteln. Die Auftraggeber und Missionsziele finden sich ganz typisch auf einer kleinen Minikarte am unteren Bildschirmrand, somit habt ihr trotz der gewaltigen Größe der Spielwelt keinerlei Orientierungsprobleme. Die Straßen der Stadt sind mit verschiedenen Passanten und Autos sehr lebendig in Szene gesetzt worden und natürlich darf man Fußgänger ansprechen oder vorbeifahrende Autos gewaltsam "ausleihen". Wer jedoch auf offener Straße mit einer Pistole herumfuchteln sollte, bekommt schneller Ärger als ihm lieb ist: Verängstigte Passanten rufen sofort die Polizei und in den Teilen der Stadt, die unter der Kontrolle anderer Mafia-Familien stehen, kann es auch schnell zu einer Schießerei mit den feindlichen Schurken kommen. Doch obwohl man dem sehr aufwendig nachgebauten New York der 40er Jahre einen gewissen Reiz nicht absprechen kann, werden die Fahrten durch die Stadt relativ schnell langweilig. Es dauert einfach viel zu lange um von Punkt A nach Punkt B zu kommen, was zwar einerseits nur realistisch ist, spielerisch aber nicht viel zu bieten hat. Gerade bei den Storymissionen fällt dies sehr unangenehm auf, da man die neuen Missionsziele mit Vorliebe am anderen Ende der Stadt versteckt hat.


Obwohl man in "Der Pate: Das Spiel" eine relativ eigenständige Geschichte erlebt, bleiben Begegnungen mit den prominenten Mitgliedern des Corleone-Clans nicht aus. Neben diesen bekannten Gesichtern dürft ihr sogar einige Schlüsselszenen des Films aus einem völlig neuen Blickwinkel nachspielen. Auf diese Weise erlebt ihr beispielsweise auch das Attentat auf Don Vito Corleone - nämlich innerhalb eines Ladens auf der gegenüberliegenden Straßenseite. An der anschließenden Schießerei mit den Auftragsmördern ist man dann sogar selbst beteiligt und auch die Fahrt mit dem schwer verwundeten Don ins nächste Krankenhaus wurde von den Entwicklern in unsere Hände gelegt. Ein gutes Stück später seid schließlich ihr es, der die Pistole für Michaels Blutrache hinter dem Spülkasten des italienischen Restaurants versteckt. Die Macher haben geschickt nach den wenigen losen Enden der Vorlage Ausschau gehalten und euren Helden in genau diese Situationen verwickelt. Alle Missionen sind auf diese Art an den Kultstreifen angelehnt und somit bekommt auch der größte Fan des Films noch völlig neue Einblicke in die bleihaltige Welt der Corleones.

 

Frag niemals nach meinen Geschäften!


Abseits der im Mittelpunkt stehenden und leider etwas wenigen Storymissionen (knapp 20 Stück) gibt es in "Der Pate: Das Spiel" noch eine ganze Menge zu tun: Besonders fleißige Spieler übernehmen beispielsweise jeden Laden und jedes Schmuggler-Lagerhaus eines Stadtteils und weiten damit die Macht der Corleones kontinuierlich aus. Die anderen Viertel werden nämlich von vier weiteren Mafia-Familien kontrolliert und können auf diese Weise ebenfalls Stück für Stück erobert werden. Klar, dass es bei einer derart aggressiven Einmischung in fremde Geschäfte irgendwann zur blutigen Vendetta kommt. Hier hilft dann meist nur noch der Einsatz von Sprengstoff oder ein erfolgreicher Bestechungsversuch beim FBI. Wer lieber im kleinen Stil mordet, macht sich als Auftragskiller beim Don beliebt und holt sich dazu in den fünf Stadtvierteln die entsprechenden Informationen zur jeweiligen Zielperson. Schließlich gibt es in der riesigen Stadt auch noch eine ganze Reihe von Bonuszielen zu erfüllen: 100 verstecke Filmrollen können gesammelt, 100 Safes mit Dynamit aufgesprengt und sogar die örtlichen Banken dürfen im ganz großen Stil ausgeräumt werden. Wer fast alle dieser optionalen und von der Story losgelösten Aufgaben erledigt, hat bald nicht nur jede Menge Geld auf dem Konto, sondern genießt auch immer größeren Respekt, bis er sich schließlich selbst als Don von ganz New York bezeichnen kann.


Der definitiv wichtigste Lohn für einen Auftrag im Namen des Dons ist und bleibt Respekt. Den verdient man sich im Laufe des Spiels nicht nur im eigenen Stadtviertel und während einen die Ladenbesitzer zu Beginn noch nicht einmal kennen, werden sie später heilfroh sein ihr Schutzgeld pünktlich abzuliefern. Gleiches gilt auch für Auftraggeber und Passanten, welche euch im Laufe der Zeit alleine schon durch ihre Äußerungen immer mehr Respekt zollen. Doch wie verdient man Respekt? Grundsätzlich immer eine gute Möglichkeit ist die Schutzgelderpressung der zahllosen Geschäfte und Restaurants der Stadt: Gleich zu Beginn des Spiels soll beispielsweise der örtliche Metzger davon überzeugt werden, dass ein monatlicher Obolus an die Familie Corleone für seinen Gesundheitszustand langfristig von Vorteil wäre. Der gute Mann weiß noch nicht, wen er da vor sich hat und hält zunächst überhaupt nichts von dieser Idee. Demoliert ihr nun sein Geschäft oder verdreht ihm per Knopfdruck den Arm, steigt seine Einschüchterungs-Anzeige, bis er schließlich gefügig wird. Zwischendurch kann man den Erfolg dieser überzeugenden Maßnahmen durch ein weiteres Gespräch oder eine Anzeige am Bildschirmrand überprüfen, wodurch man genau abschätzen kann, ob der Wille des Ladenbesitzers bald gebrochen ist oder nicht. Zu sehr sollte man es mit der Gewalt ohnehin nicht übertreiben, sonst schlägt die Mission durch den versehentlichen Tod der Zielperson noch fehl oder das Interesse der patrouillierenden Polizisten wird vom Lärm im Laden geweckt. Doch ein echter Held des organisierten Verbrechens hat selbstverständlich auch die Polizei im Griff, jedoch müssen Schmiergelder, genau wie der nötige Respekt, erst einmal verdient werden.


Natürlich werden in diesem Spiel nicht alle Konflikte mit ernsthaften Gesprächen oder Bestechungen gelöst, häufig muss auch zur Waffe gegriffen werden. In solchen Situationen kommt dann auch ein ausgereiftes Zielsystem zum Einsatz, welches sogar einzelne Trefferzonen der Gegner berücksichtigt. Beispielsweise kann ein gegnerisches Bandenmitglied per Schuss ins Knie zu Fall gebracht und anschließend mit ein paar gezielten Faustschlägen außer Gefecht gesetzt werden. Das Kampfsystem von "Der Pate: Das Spiel" ist vergleichsweise ziemlich komplex ausgefallen und setzt beide Analogsticks während einer Prügelei ein. Mit dem linken Stick wird ausgewichen oder das Opfer durch die Gegend geschubst, mit dem rechten Stick werden analoge Hiebe ausgeteilt. Die PC-Version funktioniert sehr ähnlich, allerdings darf man hier anstelle der Maus auch zwei Tasten zum Zuschlagen einsetzen. Das man seine Feinde per Knopfdruck festhalten kann, hat noch einen weiteren Zweck: Wer besonders geschickt damit umgehen kann, wirft seine Gegner in brennende Backöfen, von Hausdächern oder einfach vor das nächste Auto. Für manchen Auftragsmord muss man aber auch möglichst lautlos vorgehen, wobei dann der obligatorische Würgedraht zum Einsatz kommt. Auch eine einfache Schleichfunktion ist im Spiel enthalten, einige der Missionen haben sogar das unbemerkte Umgehen von mehreren Wachleuten als Hauptziel.

Aufwendig produzierte Mafia-Atmosphäre


Für eine möglichst authentische Spielwelt haben sich die Entwickler natürlich sehr stark an der Filmvorlage orientiert und nicht nur New York samt Little Italy virtuell nachgebaut, sondern auch einige der Original-Schauspieler (James Caan, Robert Duvall) sehr aufwendig mit Motion Capturing digitalisiert. Diese Detailverliebtheit war bereits auf den ersten Screenshots sehr überzeugend zu sehen und der legendäre Marlon Brando wirkt als Computerfigur fast schon unheimlich real. Schade nur, dass Al Pacino auf eine digitale Rolle als Michael Corleone verzichtet hat, denn für seine Figur haben die Entwickler aus rechtlichen Gründen ein anderes Gesicht verwenden müssen. Die Zwischensequenzen von "Der Pate - Das Spiel" sind dank aufwendiger Produktion fast schon filmreif und auch die Stadt glänzt selbst auf der PS2 mit einer enormen Detailverliebtheit, den ersten glaubhaft generierten Taubenschwärmen sowie einer gelungenen Technik um aufgewirbeltes Papier durch die Luft segeln zu lassen. Lediglich die Innenräume der gänzlich ohne Ladepause begebaren Häuser nutzen sich sehr schnell ab, da man für jede Häuservariante immer ein und dasselbe Aussehen verwendet hat. Das italienische Restaurant an der Ecke sieht also überall identisch aus, genau wie das Apartmenthaus oder nicht weniger deckungsgleiche Blumengeschäft.

Die deutsche Lokalisierung des Spiels muss logischerweise auf die eigens aufgenommenen Stimmen von James Caan und Robert Duvall verzichten, allerdings hat EA durchgängig nur Profis ins deutsche Tonstudio geschickt, um die über 10.000 Textzeilen ins Mikrofon sprechen zu lassen. Die hervorragend eingefangene Atmosphäre des Kultfilms wird von der deutschen Lokalisierung in keinster Weise beeinträchtigt. Doch was wäre "Der Pate" ohne seine unsterbliche Musik? Alleine schon beim Blick auf das Cover des Spiels kommt einem die unvergessliche Melodie des Films in den Sinn, der "Godfather Waltz" ist und bleibt das zentrale Thema für gelungene Mafia-Atmosphäre. Natürlich hat man auch alle anderen Lieder des Soundtracks von Nino Rota in das Spiel integriert und zusätzlich hat man sogar über 100 Minuten völlig neue, aber stilgerechte Musik komponiert.

Fazit:

Auch wenn das spielbare Mafiaepos nicht genügend Storymissionen und damit Umfang bieten kann, sind es doch gerade die unzähligen Nebenaufgaben, welche für lange Zeit ans Joypad fesseln können. Man wird eigentlich nie dazu gezwungen der Story des Films zu folgen, sondern darf sich gleich von Anfang an mit dem eigenen Aufstieg zum mächtigsten Don von New York City befassen. Natürlich zeugt die deutliche Nähe zu prominenten Genregrößen wie "Mafia" oder "GTA" nicht gerade von besonders viel Innovation, allerdings reicht der virtuelle Auftritt von Don Vito Corleone alias Marlon Brando für die Fans des Kultfilms bereits völlig als Kaufanreiz aus. Außerdem berücksichtigt die Spielumsetzung Mario Puzos legendäre Romanvorlage ebenso wie Coppolas preisgekrönte Verfilmung und die völlig neuen Einblicke in die Geschichte werden nicht nur die Fans des Originals motivieren. Die Entwickler sind sich ihrer Verantwortung auf jeden Fall bewusst gewesen und haben dieser einmaligen Lizenz-Gelegenheit den Respekt entgegengebracht, die sie verdient hat. Trotzdem ist aus "Der Pate: Das Spiel" nicht der erhoffte Blockbuster geworden: Die Entwickler haben zwar an den rauen Ecken der Genrevorbilder gefeilt, sind unter dem Strich aber auch nicht darüber hinaus gekommen.

Grafik 8
Sound 9
Steuerung 8
Gameplay 8
8,3
Gut!